Aufmerksamkeit bei Videos: Tschüss Storytelling! Ein Kommentar.
Kommentar: Ralf Biebeler
Lesezeit: ca. 3 Minuten
Wie bleiben Zuschauer*innen aufmerksam bei Ihren Videos? Diese Frage schwirrt sicher nicht zum ersten Mal in Ihrem Kopf herum. Ich schaute mir dafür eine Umfrage aus dem Jahr 2016 unter 1.545 Personen ab 18 Jahren an (Quelle). Die einfache Frage lautete: Wann sind Sie bei Werbung oder Online-Videos besonders aufmerksam? 2016 ist schon etwas her, aber da Aufmerksamkeit urmenschlich ist, gehe ich davon aus, dass die Befragten nicht in kürzester Zeit Ihre Motive änderten. Insofern: Bühne frei für die Aufmerksamkeitsfaktoren bei Online-Videos. Heraus kam, dass die Befragten unter bestimmten Voraussetzungen besonders aufmerksam waren. Das ist interessant, denn es bringt Werbeweisheiten ein wenig ins Wanken. Schauen wir uns die Faktoren genauer an.
Die älteste Weisheit: Storytelling!
Da wären wir auch schon beim interessanten Fakt: Immer und überall lesen Sie, dass Storytelling das Allheilmittel ist. Eine gute Story ist fast die ganze Miete. Das ist generell richtig, aber allein diese Umfrage zeigt, dass noch weit mehr Faktoren eine Rolle spielen. Das ist natürlich auch Rosinenpickerei, aber aus welchem Grund sollte dies die einzige Umfrage sein, bei der die Story des Videos (also Punkt 6) nicht ganz oben steht? Ich unterstelle: Es gibt noch mehr Umfragen, bei denen Storytelling eine geringere Rolle spielt, als viele denken. Besonders interessant: die Rolle der Musik. Ein kläglich vernachlässigter Aspekt in der Videoproduktion ist (zu) oft die Musik: Am Ende noch schnell irgendwas darunter mischen und fertig. Ganz offensichtlich ist sie aber ein Faktor, der es in sich hat. Ein lustiges Video hat automatisch eine gute Story, insofern passt Storytelling als Instrument, um ein Video lustig zu gestalten.
Dass sich jemand eher Videos anschaut, die thematisch ansprechend sind, ist ebenfalls bekannt: Hier kommt das Involvement zum Tragen, das eine wichtige Säule in der Forschung über Konsumentenverhalten ist. Doch dass gute Musik und schöne Bilder so relevant sind, hat mich, ehrlicherweise, überrascht. Nun arbeite ich seit über 18 Jahren in der Videoproduktion und mir ist klar, dass ich mit einem hässlichen Bild oder 80er-Konsolen-Musik niemanden überzeuge. Die Aufmerksamkeits-Relevanz hätte ich jedoch weiter unten in der Liste angesiedelt. Vor allem die Tatsache, dass den Befragten wichtiger war, neue Information zu erhalten, als eine gute Story zu sehen, überraschte mich arg. Und dass, Stars und Sternchen weniger Aufmerksamkeit erregen, als die Marke, um die es geht … das ist ein Ding. Hier stellt sich die Frage nach einer Budget-Verschiebung: weg von Stars und hin zur Marke. Aber das ist ein eigenes Forschungsfeld, insofern lehne ich mich da jetzt nicht zu weit aus dem Fenster.
Mein Fazit
Meine Videos sind erfolgreich, wenn sie witzig und in sich schlüssig sind, die Zielgruppe ansprechen, gut aussehen und klingen, neue Informationen liefern und jemanden zeigen, den die Zielgruppe kennt.
Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen und sprechen Sie den Satz langsam mit. Für den Witz und die in sich schlüssige Story beauftragen Sie Profis für Witze/Texte/Drehbücher. Für die Zielgruppenansprache führen Sie eine gute Zielgruppenanalyse inklusive Personas durch. Gutes Aussehen und guten Klang bekommen Sie hin, wenn Sie Profis für die Produktion engagieren. Neue Informationen müssen Sie selbst beitragen. Jemanden, den/die die Zielgruppe kennt? Da schauen Sie mal bei Influencer*innen-Agenturen nach oder bauen innerhalb Ihres Unternehmens jemanden als Gesicht des Unternehmens auf. So einfach ist das.